In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.

‚In der Welt habt ihr Bedrängnis.‘˜ Johannes 16,33

So spricht Jesus zu seinen Jüngern.

Bedrängnisse sind ein Teil unserer menschlichen Erfahrung. Die Frage ist nicht, ob wir in Bedrängnisse kommen, sondern in welche, wie und wann. Bedrängnisse gehören zu unserem Leben dazu.
Zurzeit werden wir bedrängt von einem Virus, das das Leben von vielen Menschen auf den Kopf stellt, gesundheitlich, sozial und wirtschaftlich. Wir kommen in Berührung mit Fragen, Zwängen, Grenzen und Ängsten in einer Art, wie wir sie als Menschen weltweit in unserer jüngeren Geschichte in dieser Form nicht erlebt haben. Eine unsichtbare Bedrohung, die gleichermaßen keinen Halt macht vor Slum und Palast und uns vor Herausforderungen stellt, deren Ausmaß wir nicht geahnt haben. Dabei wird die Herausforderung immer globaler und richtet Schäden an, deren Folgen uns lange verfolgen werden. Wir spüren sie bereits durch Menschen in unserem Umfeld, die erkrankt sind und zum Teil zwischen Leben und Tod stehen. Wir erleben sie an Menschen, die ohnehin am Existenzminimum leben und nicht wissen, wie sie über die Runden kommen, wenn das so weitergeht. Bedrängnisse persönlich und Bedrängnisse global. Das durchleben wir.
Die Bedrängnis, die Jesus bevorsteht ist der eigene gewaltsame Tod, der herannaht. Dass dieser Tod ungerecht ist und durch Menschen geschieht, deren Kälte, Stolz und Neidgefühle sich mit Macht verbinden macht die Erfahrung nicht leichter. Es ist nicht ein vorurteilfreies Virus, sondern menschliche Niederträchtigkeit, gekoppelt mit Macht, die Jesu Leben bedroht. Hinter den menschlichen Machenschaften sieht Jesus den ‚Fürst dieser Welt‘˜, den Teufel selbst, der Herrschaft in dieser Welt ausübt (Jh 8,44; 16,11).
Jesus sieht nicht nur die Realität dieser Welt ins Auge und erkennt ihre Bedrohlichkeit an, sondern er wird selbst von ihr bedroht, ganz real.
Zudem weiß er, dass in der dunkelsten Stunde, die ihm bevorsteht, auch seine Freunde ihn verlassen werden, wie er es ihnen einen Satz davor selbst sagt: Siehe, es kommt die Stunde und ist gekommen, dass ihr euch zerstreuen werdet, ein jeder in seine Heimat und mich allein lassen werdet (V. 32).
Bald der Niederträchtigkeit von Menschen ausgeliefert, von Freunden verlassen, einem gewaltsamen Tod bevorstehend, sagt Jesus: In der Welt habt ihr Bedrängnis, aber seid guten Mutes, denn ich habe die Welt überwunden. (V. 33)
Jesus ermutigt seine Jünger und spricht davon, dass er die Welt überwunden hat. Er spricht seinen Jüngern Mut zu, die ihn verlassen werden und spricht davon, dass er die Welt überwunden hat (Vergangenheitsform!) während seine größte Prüfung ihm erst noch bevorsteht!

Wie geht das?
Wie kann Jesus seinen Jüngern Mut zusprechen, wo er doch enttäuscht sein könnte, dass sie sich hauptsächlich mit sich selbst und ihren Verlassenheitsängsten beschäftigen und ihm und seine Not dabei aus dem Blick verlieren? Und das zu einer Zeit, in der er sie am meisten gebraucht hätte. Wie kann er davon sprechen, dass er die Welt überwunden hat, wo sie ihm doch so existentiell bedroht und ihm ein einsamer, ungerechter, gewaltsamer Tod bevorsteht?
Die Antwort liegt in dem was er seinen Jüngern einen Satz zuvor sagt: Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir (V. 32).
Jesus weiß, er ist nicht allein. Der Vater ist bei ihm.
Deshalb kann er seinen Jüngern Mut zusprechen. Deshalb weiß er, dass der Fürst dieser Welt besiegt ist (Jh 16,11) und sein Vater ihn in seinem Tod verherrlichen wird (Jh 17,1). Er weiß auch, dass er zu Ihm zurückkehren wird und von dort aus seinen Jüngern seinen Geist senden wird, der bei ihnen sein wird, so wie er jetzt bei ihnen ist (Jh 14,15-19). Und einesTages werden sie auch beim Vater sein, wo es viele Wohnungen gibt, dort wo er ist (Jh 14,1-3).
Jesus sieht die Welt mit klaren Augen. Er kann sagen, in der Welt habt ihr Bedrängnis und weiß aus eigener Erfahrung was das heißt. Jesus weiß aber auch, in mitten der Bedrängnis ist der Vater da. Deshalb wird er die Welt überwinden.
So auch seine Jünger. In mitten ihrer Bedrängnis können sie Frieden in Ihm finden, der die Welt überwunden hat: Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. (V. 33)
Wir wissen nicht was auf uns zukommt in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten. Wir wissen nicht was als nächstes passiert. Bei uns, bei unseren Lieben, in Deutschland und anderswo in der Welt.
Gott schenke es uns, dass wir in dieser Zeit der Not aber wissen, ER ist da. Und er gebe uns Kraft, dass wir heute in Ihm Frieden finden und einander Mut zusprechen. Und bald eines Tages werden auch wir bei Ihm sein. Dann wird alles gut.
Dies habe ich zu euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Bedrängnis; aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.
Amen.

Simret Mahary
09 April 2020